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Aufbau eines Borderline Netzwerkes in der Region Krefeld war Thema des zweiten Fachsymposiums Borderline in NRW
Fast 100 Teilnehmer besuchten am letzten August-Wochenende das zweite Fachsymposium Borderline in Nordrhein-Westfalen, das ausgerichtet wurde vom „Grenzgänger e. V.“, Selbsthilfe-Fachvereinigung für Borderline und der Alexianer Krefeld GmbH mit langjähriger Erfahrung in der Behandlung dieser Erkrankung.
Unter den Teilnehmern waren auch Betroffene und Angehörige, was für eine Fachtagung eher ungewöhnlich ist, jedoch im Zusammenhang mit den Merkmalen der Borderline-Erkrankung seitens der Experten sehr begrüßt wird.
So waren Schwerpunkte der diesjährigen Tagung - neben Spezialthemen wie Schematherapie und Zusammenhänge von ADHS und Borderline - die Konzepte der Einbeziehung des persönlichen sozialen Umfeldes
der Erkrankten und die Möglichkeiten der Schaffung eines Netzwerkes zur besseren Versorgung der Border-line-Patienten.
Menschen, die an der Borderline Persönlichkeitsstörung erkrankt sind, zeigen zentral eine Störung der Emotionsregulation, verbunden mit starken Spannungszuständen und Problemen Gefühle zu steuern; zudem werden sie häufig von schmerzhaften Gefühlen überflutet. In diesem Zusammenhang auftretende Impulshandlungen und selbstschädigende Verhaltensweisen sind häufig misslungene Versuche, mit der Anspannung und den schmerzhaften Gefühlen umzugehen.
Wesentlich sind auch starke Instabilität in zwischenmenschlichen Beziehungen und im Selbstbild, Schwierigkeiten, Wut und Ärger zu kontrollieren, Identitätsstörungen, Bemühen, allein sein zu verhindern sowie ein Gefühl der Leere.
Die Borderlinestörung ist eine oft chronische Erkrankung, die auf eine Veranlagung für emotionale Dysregulation, soziale und psychische Ursachen zurückgeht, mit viel Leid für die Patienten selbst, aber auch für ihr persönliches Umfeld, verbunden ist. "Borderline" gehört zu den häufigsten psychischen Erkrankungen und beginnt in der Regel im Alter zwischen Pubertät und circa 30 Jahren.
Die besondere Herausforderung besteht im Erkennen, besonders im rechtzeitigen Erkennen, dieser Erkrankung, aber auch in der Therapie, die das gesamte soziale Umfeld des Patienten berücksichtigen muss.
Die Grundbausteine der Therapie sind in Krefeld etabliert. Direktor Dr. Andreas Horn, Direktor der Psychiatrisch-Psychotherapeutischen Kliniken der Alexianer Krefeld GmbH, sieht aber weiteren Verbesserungsbedarf: „Borderline ist gewissermaßen heilbar, bzw. die Auswirkungen der Erkrankung können erheblich gebessert werden. Psychotherapieformen - wie DBT, TfP, Schematherapie oder MBT – zeigen gute Erfolge, insbesondere, wenn auch das Umfeld stimmt und die Erkrankung rechtzeitig erkannt wird. In Krefeld fehlen leider dringend benötigte Netzwerkstrukturen der gegenseitigen Hilfe.“ Sabine Thiel, erste Vorsitzende des Vereins „Grenzgänger e. V.“, erklärt, worum es geht: „Das Borderline Netzwerk soll für Borderliner, Angehörige und Fachleute die Versorgung und die Zusammenarbeit zwischen Selbsthilfe, Beratungsstellen, niedergelassenen Ärzten und Therapeuten, Behörden sowie Betreutem Wohnen verbessern. Ziel ist es, einen gemeinsamen Wegweiser zu entwickeln und ein zentrales Beratungs- und Vermittlungsangebot aufzubauen.“
Sabine Thiel hat, speziell für die Angehörigen, das „Side-by-Side-Training“ entwickelt. Sie sollen lernen, die Symptome der Borderline Erkrankung zu verstehen und auch über die erfolgversprechenden Therapien informiert werden. Dabei geht es um Grenzen, Achtsamkeit, Rituale, Kommunikation und neue Wege.
Borderline ist eine Erkrankung, die sich ausschließlich aus der Ausprägung und Kombination der Symptome eindeutig feststellen lässt. Die Gefühle erfahren eine Fehlsteuerung, sind bisweilen überbordend und beinhalten sich extrem steigernde innere Spannungszustände, in denen kein klarer Gedanke gefasst werden kann. Der Erkrankte fühlt sich in starker Unruhe getrieben und sucht ein Ventil, den Druck zu verringern. Dieses „Ventil“ kann sich in einer Vielzahl an Verhaltensweisen ausdrücken. Das Konsumieren von Suchtmitteln, exzessive Gewalt oder Selbstverletzung sind Beispiele hierfür. Ist der Druck anderweitig nicht mehr zu kompensieren, entstehen Selbstmordgedanken und –versuche. Ursache ist häufig eine Traumatisierung zum Beispiel durch negative intime Erfahrungen oder Vereinsamung. Abgesehen von der enormen Belastung des Betroffenen und seines sozialen Umfeldes gilt dies auch für das Sozialsystem, das unsere Gesellschaft bereithält.
Heute betragen die Wartezeiten für den Einstieg in eine Therapie für Borderliner mindestens sechs Monate. Dieser Zeitraum führt zu weiteren Verschlechterungen und unnötigem Leiden.
Kontakt zum Thema:
Dr. Andreas Horn, Chefarzt Psychiatrische Kliniken, Sekretariat <link mail internal link in current>Karin Balters, Tel. (02151) 334-7140