Wir in der Pflege: Pflegebotschafter Ilir Mehmeti stellt sich vor

Lesen Sie hier unser Interview mit dem Pflegebotschafter Ilir Mehmeti in voller Länge (Erstveröffentlichung März 2022).

Update 2022

Ilir Mehmeti, Jahrgang 1970, ist examinierter Krankenpfleger mit der Weiterbildung zum Fachkrankenpfleger für psychiatrische Pflege, die er 2021 abgeschlossen hat. Seit seinem Zuzug aus dem Kosovo 1992 arbeitet er im Pflegedienst der Akutpsychiatrie des Alexianer-Krankenhauses Krefeld, seit dem Jahr 2000 auf der psychiatrischen Intensivstation.

Sie sind in Mitrovica, Kosovo, geboren, haben dort eine Pflegeausbildung absolviert?

Ja, meine berufliche Orientierung begann in den Zeiten des Zerfalls Jugoslawiens und der Unabhängigkeitsbestrebungen des Kosovo. 1990 schloss ich im Kosovo meine dreijährige Pflegeausbildung ab.

War die Pflege Ihr großer Berufswunsch?

Eigentlich nicht. Ich wollte damit meine Chancen auf einen Studienplatz in der Medizin erhöhen. Das hat ja auch funktioniert. Zwei Jahre habe ich Medizin studiert, musste es aber wegen der schwierigen Bedingungen im Land abbrechen. Der Kosovo-Konflikt begann zu eskalieren und jeder wurde zum Militärdienst eingezogen. Ich kam 1992 nach Deutschland. Das Medizinstudium wollte ich erst fortsetzen. Das ging aber nicht wegen der fehlenden Anerkennung der bisherigen Studienzeit. Um den Zugang zum medizinisch-pflegerischen Bereich nicht zu verlieren, bewarb ich mich als ausgebildete Pflegefachkraft bei den Alexianern in Krefeld.

Die Alexianer haben mir den beruflichen Einstieg in einem neuen Land erleichtert.

Ilir Mehmeti

War der Anfang in einem fremden Land sehr schwierig?

Jeder neue Anfang ist in der Regel etwas schwierig. Die Pflegedienstleitung des damaligen Alexianer-Krankenhauses hat mich in der Einarbeitungszeit sehr gut und wohlwollend unterstützt, wofür ich heute noch dankbar bin. Zuallererst musste ich Deutsch lernen. Das hat knapp drei Monate gedauert, dann startete ich auf der Langzeit-Psychiatriestation 11 (*). Erst war ich Pflegehelfer. Die Anerkennung meiner Pflegeausbildung als Krankenpfleger folgte aber schon nach einem halben Jahr.
(*) Als Langzeit-Psychiatrie bezeichnete man vor 30 Jahren den Bereich, der heute als Wohnverbund für Menschen mit psychischen und geistigen Behinderungen bekannt ist. Aufgrund fehlender geeigneter Alternativstrukturen waren die Betroffenen häufig auf psychiatrischen Krankenhausstationen untergebracht.

Sie starteten Ihre berufliche Laufbahn in einer Zeit, in der die klinische Psychiatrie erst begann, sich zu verändern. Wie haben Sie die ersten Jahre erlebt?

Wenn ich die heutigen medizinischen und pflegerischen Standards mit den damaligen Verhältnissen vergleiche, wundere ich mich, dass ich nicht schon nach zwei Tagen alles hingeschmissen habe. Nein, Scherz beiseite: Die Bedingungen waren früher eben so, wie sie waren und die Alexianer haben die Entwicklung zu einer individuellen und offenen Psychiatrie ja schon früh und kontinuierlich vorangetrieben.

Gab es keine Zweifel?

Ich wollte ja in die Psychiatrie und übe immer noch gerne den Pflegeberuf aus. Die schwierigen Verhältnisse damals empfand ich als positive Herausforderung, selbst aktiv an Veränderungen mitzuwirken. Und ich sehe es heute mit einem gewissen Stolz, was wir in den vergangenen Jahrzehnten geschafft haben. Seit 2000 begleite ich die Entwicklung auf unserer akutpsychiatrischen Intensivstation.

Die Weiterbildung in der Psychiatrie-Fachpflege eröffnet mir noch einmal neue Perspektiven.

Ilir Mehmeti

Welche Aspekte des Pflegeberufes würden Sie als besonders positiv hervorheben?

Ich begleite die Menschen in der Krise und helfe ihnen, sie zu bewältigen. Die Erfolge meiner Arbeit und der meiner Kolleginnen und Kollegen sind sichtbar, vor allem, wenn wir die Autonomie und Individualität unserer Patientinnen und Patienten so stärken, dass sie wieder lernen ihren Alltag selbst zu gestalten. Dies funktioniert am besten, wenn wir im Stationsteam multiprofessionell und im kollegialen Dialog agieren. Das ist so sicher nur schwer woanders zu finden.

Was macht den Unterschied speziell bei den Alexianern?

Die professionelle Krankenpflege dürfte in vielen Krankenhäusern ähnlich ablaufen. Ich erfuhr von Anfang an eine große Wertschätzung, mit offenem Umgang untereinander auf Augenhöhe. Ich bin gerne hier. Hinzu kommt, dass es bei den Alexianern gute Möglichkeiten der Förderung gibt, sich beruflich weiterzuentwickeln. Immerhin hatte ich zwischenzeitlich schon überlegt, doch Medizin zu studieren. Letztlich habe ich es aber nicht bereut, bei der Pflege geblieben zu sein.

Was heißt für Sie persönlich „berufliche Weiterentwicklung“?

Ich habe gerade erst, also im vergangenen Jahr, eine Weiterbildung zum Fachkrankenpfleger für psychiatrische Pflege abgeschlossen. Das eröffnet mir noch einmal neue Perspektiven, vielleicht hier auch in anderen Bereichen der Psychiatrie arbeiten zu können. Ich bin mit meinem bisherigen Karriereweg sehr zufrieden. Aber es geht ja noch weiter.

Wie ist das mit den Arbeitsbedingungen und dem Privatleben?

Ich konnte Beruf und Familie immer gut in Einklang bringen. Im Rahmen der eigenen Psychohygiene ist es für mich wichtig, mit einem freien Kopf nach Hause zu kommen. Durch gute Selbstfürsorge und Sport funktioniert das sehr gut. Während der Dienstzeit auf der Station sehe ich es als meine Aufgabe, stets patientenorientiert meine Arbeit zu leisten. Auf dem Weg zum Betriebsparkplatz lasse ich jegliche Erlebnisse und Emotionen am Arbeitsplatz zurück. Wir können Dienste gut tauschen, wenn es einmal sein muss. Ansonsten ist der Dienstplan langfristig festgelegt, sodass man planen kann. Außerdem haben wir ein Wunschbuch für den individuellen Bedarf bei der Dienstplanfestlegung.

Welche Empfehlung können Sie jungen Menschen geben, die sich noch für einen Beruf entscheiden müssen?

Es gibt so viele junge Frauen und Männer, die einfach ein angeborenes Talent haben, gut mit unterschiedlichen Menschen umzugehen. Und wenn diese dann einen sozialen Beruf anstreben, ist die Ausbildung zur Pflegefachfrau, zum Pflegefachmann einfach ideal, mit zahlreichen Möglichkeiten der Weiterentwicklung. Wichtig ist aber, das vor einer Entscheidung in einem Praktikum auszutesten.

Ich erhielt während einer Hospitation erste Einblicke in die Tagesklinik. Das hat mir bei der Entscheidungsfindung sehr geholfen.

Ilir Mehmeti

Wir in der Krankenpflege - Update Veröffentlichung Dezember 2022

Von der psychiatrischen Intensivstation zur Tagesklinik

Ilir Mehmeti arbeitet seit 30 Jahren bei den Alexianern und konnte viel Erfahrung auf der geschützten Intensivstation der Akutpsychiatrie sammeln. Nach Abschluss seiner Fachweiterbildung in der psychiatrischen Pflege hat er sich in diesem Jahr für den Wechsel in den tagesklinischen Bereich der Allgemeinpsychiatrie entschieden: „Die Alexianer in Krefeld bieten unzählige Möglichkeiten sich beruflich neu zu orientieren, so dass es mir leicht fiel für den Wechsel in eine Tagesklinik bei den Alexianern zu bleiben.“

Ilir Mehmeti ist es wichtig, nach so vielen Jahren Stationseinsatz die Patientinnen und Patienten auch im ambulanten und teilstationären Bereich zu begleiten. Er ergänzt: „Ich erhielt während einer Hospitation erste Einblicke in die Tagesklinik. Das hat mir bei der Entscheidungsfindung sehr geholfen.“ Im ersten Jahr nach der Weiterbildung wechselte Ilir Mehmeti erst einmal auf eine allgemeinpsychiatrische Station, die eng mit der Tagesklinik zusammenarbeitet und pendelt seither zwischen der vollstationären und teilstationären Pflege. Ilir Mehmeti erklärt: „Ab 2023 bin ich dauerhaft in der Tagesklinik im Einsatz. Ich freue mich zu sehen, dass die Patienten dort wieder weitestgehend selbstbestimmt in ihrem Lebensalltag zurechtkommen.“


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